Personen

Prof.in Dr. Eva-Maria Klinkisch über Folgen der Pandemie

Postinfektiöse Folgeerkrankungen wurden über lange Zeit hinweg in der medizinischen Forschung und Versorgung vernachlässigt und nicht anerkannt. Dies ist bemerkenswert, da Langzeitfolgen von Infektionskrankheiten weder neu noch selten sind und zu schwersten Einschränkungen von Teilhabe und Lebensqualität führen können. Die Weltgesundheitsorganisation klassifiziert ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/ Chronisches Fatigue Syndrom), eine besonders schwerwiegende Form postviraler Fatiguesyndrome, bereits seit 1969 als neuro-immunologische Krankheit. Doch erst mit dem Auftreten von Long Covid ist das Thema stärker in den Fokus von Forschung und öffentlicher Aufmerksamkeit gerückt. Dennoch bleibt die Versorgungslage für Betroffene auch aktuell meist mühsam und unzureichend, und ihr Leiden oft unverstanden – mit zum Teil gravierenden Folgen für die kranken Menschen und ihr soziales Umfeld.

Krankheitsbilder und vielschichtige Herausforderungen

Zwei kürzlich veröffentlichte Artikel von Frau Prof. Dr. Eva-Maria Klinkisch et al. machen darauf aufmerksam. Sie informieren über die Krankheitsbilder und diskutieren die vielschichtigen Herausforderungen, die hieraus für Betroffene, soziales Umfeld, Medizin und Versorgungswesen, aber auch Politik, Arbeitsmarkt und Bildungseinrichtungen erwachsen. Die Auseinandersetzung damit macht die große individuelle und gesellschaftliche Tragweite deutlich, die oft im Unsichtbaren bleibt. „Es ist davon auszugehen, dass die jahrzehntelange fehlende Anerkennung, Unsichtbarkeit und Stigmatisierung von ME/CFS und ähnlichen Krankheitsbildern in Medizin und Gesellschaft auch darauf zurückzuführen sind, dass postvirale Fatiguesyndrome nicht nur gängige medizinische Klassifikationssysteme unterlaufen, sondern auch gemeinschaftlich geteilte normative Erwartungen, z.B. hinsichtlich Gesundheit und Krankheit, Leistung, Bedürftigkeit, Fortschritt etc. infrage stellen.“ sagt Prof. Klinkisch. Es genügt daher nicht, postvirale Folgeerkrankungen ausschließlich als medizinisches Phänomen oder Versorgungsproblem zu betrachten: Diese Krankheitsbilder machen die gesellschaftlichen Dimensionen von Gesundheit und Krankheit deutlich und erfordern ein Umdenken.

Die Beiträge möchten das Bewusstsein im Umgang mit Long Covid und postviralen Fatiguesyndromen schärfen und für eine dringend notwendige bessere medizinische Versorgung, gesellschaftliche Anerkennung und Teilhabe eintreten.

Für weitere Informationen und zur Vertiefung des Themas stehen Ihnen Frau Professorin Klinkisch und die Autor*innen der Artikel gerne zur Verfügung.

Prof. Dr. rer soc. Eva-Maria Klinkisch ist Soziologin und Professorin für Allgemeine Pädagogik an der Katholischen Hochschule Freiburg.

Originalpublikationen

Für einen aktuellen Überblick aus medizinischer und soziologischer Perspektive:
Steinacker, Jürgen M./ Klinkisch, Eva-Maria (2024): Between progress and invisibility: Are post-viral fatigue syndromes overwhelming medicine and society? In: Dtsch Z Sportmed.; 75: 37-40. doi:10.5960/dzsm.2024.593 (PDF)

Kompakte Informationen zum Krankheitsbild und Hinweise für Interessierte und Betroffene

Falkenstörfer, Sophia/ Klinkisch, Eva-Maria (2024): „Es ist unendlich mühsam“. Long Covid als gesellschaftliche Herausforderung; In: ZeitschriftMenschen; 3/4/2024: 68-71. (PDF)

Ansprechperson

Prof.in Dr. Eva-Maria Klinkisch

Professorin

Zur News-Übersicht