Bericht über die IAAP/Catholic University Freiburg Joint Conference
(in Kooperation mit der DGAP und dem Internationalen Netzwerk für Forschung in der Ana-lytischen Psychologie INFAP3)
Im Oktober dieses Jahres gab es eine weitere gemeinsame Konferenz der IAAP mit Universitäten in Zusammenarbeit mit der Katholischen Hochschule Freiburg. Diese wurde von Christian Roesler, Professor für Klinische Psychologie an der KH Freiburg, organisiert.
Seit einigen Jahren stellt er einen Mangel an Forschung zu den Grundkonzepten der analytischen Psychologie fest. Andererseits identifizierte er auf der Grundlage seiner Forschungen zum Archetypenkonzept die Idee des Individuationsprozesses als Kern der analytischen Psychologie. Dieser lässt sich als ein universeller Prozess der Transformation der Persönlichkeit beschreiben. Der Transformationsprozess wurde auf der Konferenz in den verschiedenen Bereichen, in denen er stattfindet – beispielsweise in der Psychotherapie und der Spiritualität – sowie die entsprechende Forschung thematisiert.
Prozess der Wandlung in der analytischen Psychologie
Jung, Begründer der analytischen Psychologie, entwickelte seinen eigenen Ansatz für die psychodynamische Psychotherapie ausgehend von der Idee, dass ein universeller Prozess in der Wandlung/Transformation der Persönlichkeit stattfindet. Diese Idee formulierte er erstmals 1912 in seiner Veröffentlichung "Wandlungen und Symbole der Libido", in der der Begriff "Wandlung" eine zentrale Rolle spielt. In der analytischen Psychologie wird seither davon ausgegangen, dass der Prozess der Psychotherapie von inneren Kräften, beispielsweise der transzendenten Funktion oder dem Archetyp des Selbst, gesteuert wird, welche in der therapeutischen Begegnung aktiviert werden. Des Weiteren wird angenommen, dass dieser Prozess eine universell gültige Form aufweist und entsprechend beschrieben werden kann. Die Präsenz archetypischer Muster oder Symbole begünstigt das Auftreten von Momenten der Veränderung oder Wendepunkten im Verlauf der Therapie. Der hier beschriebene Prozess wird als Individuationsprozess bezeichnet. Seine allgemeine Form sowie seine Stadien sind in Jungs Werken ausführlich beschrieben worden. Dieser Prozess bildet den Kern der Jung'schen Psychologie und stellt auch heute noch das Herzstück der analytischen Psychologie dar. Der Versuch, diesen Prozess in seiner universellen Form abzubilden, ist der Grund für Jungs Interesse an der Alchemie, der Mythologie (die Heldenreise) und spirituellen Traditionen. In Veröffentlichungen aus dem Bereich der analytischen Psychologie und in einer Vielzahl von Fallbeschreibungen ist dieser Prozess immer wieder beschrieben worden. Trotz der herausragenden Bedeutung für die analytische Psychologie gab es jedoch bisher nur wenige Versuche, diesen Prozess systematisch zu untersuchen.
Forschungslücken schließen, interdisziplinären Austausch schaffen
Die Intention der Konferenz bestand darin, die bestehende Forschungslücke zu schließen und eine Plattform für einen interdisziplinären Austausch zwischen Wissenschaftlern und Forschern zu schaffen, die sich mit diesem Themenbereich befassen. Die Konzeption der Veranstaltung zielte darauf ab, nicht nur bereits abgeschlossene Studien und Forschungsergebnisse, sondern auch laufende Forschungsansätze und -konzepte vorzustellen.
In diesem Sinne bot die Konferenz einen Raum für Diskussion, Zusammenarbeit und Vernetzung bei der Entwicklung geeigneter Forschungsansätze für die analytische Psychologie in der Zukunft.
Rück- und Ausblick
Der erste Tag der Konferenz war der Diskussion von Konzepten und Designs für die Forschung in diesem Bereich gewidmet. In einem Hauptvortrag präsentierte Sonu Shamdasani aus London einen historischen Überblick über die Entwicklung des Jung'schen Ansatzes in der Psychotherapie.
Der Fokus des zweiten Tages lag auf den Transformationsprozessen, die innerhalb der Spiritualität stattfinden. Im Rahmen der Keynote-Präsentation gab Eckhard Frick (München/Deutschland), Jungscher Analytiker und Jesuitenpater, eine Einführung in die Exerzitien des Ignatius von Loyola und demonstrierte die Parallelen zwischen der Jungschen Psychologie und den Exerzitien. Der Nachmittag war in verschiedene Break-out-Sessions unterteilt, welche sich mit Traumforschung und Psychotherapieprozessforschung befassten.
Am letzten Tag lag der Schwerpunkt auf der Sandspieltherapie sowie der Prozess- und Ergebnisforschung. Als Hauptrednerin konnte Lorraine Freedle (Hawaiʻi/USA) gewonnen werden, Neuropsychologin und designierte Präsidentin der Internationalen Gesellschaft für Sandspieltherapie sowie Mitautorin der ersten internationalen Metaanalyse zur Wirksamkeit der SPT. Neben diesem akademischen Programm wurden auch Vorträge über musikalische Transformationen und die Symbolik des gotischen Münsters in Freiburg angeboten.
Die Konferenz zeigte auf, dass insbesondere auf dem Gebiet der Sandspieltherapie bereits eine beträchtliche Menge an Forschung existiert. Das Ziel der Konferenz, einen Raum für die Vernetzung zu bieten, wurde erreicht, vor allem Gruppen von jungen Akademikern konnten während der Konferenz Netzwerke für zukünftige Forschung bilden. In der finalen Podiumsdiskussion bestand Konsens darüber, dass sowohl die IAAP als auch die Jungsche Psychologie in ihren Forschungsbereichen bislang unzureichend erschlossene Themenfelder identifizieren und entsprechende Forschungsstrategien für die Zukunft entwickeln müssen.